Was tun bei Vergewaltigung?

Wenn Sie Hilfe und Unterstützung brauchen, rufen Sie uns an unter 0361-5656510

Vergewaltigung ist eine besonders schlimme Form von sexueller Gewalt.

Jeder sexuelle Angriff  löst eine emotionale Krise aus. Oft fühlen Frauen und Mädchen sich dann beschmutzt; manche entwickeln eine gestörte Beziehung zu ihrem eigenen Körper: Sehr oft besteht auch der Wunsch, so weiter zu leben, als wäre nichts geschehen.

Jede Reaktion nach einer Tat ist normal – ob gelähmt, ganz ruhig, ob mit Angst oder Wut, Trauer, Ohnmachtsgefühl oder anders…. Darum ist jede Ihrer Reaktionen angemessen und richtig.

Es ist  schwierig, alleine mit der Situation zurecht zu kommen. Sie sollten sich auf jeden Fall eine Form der Unterstützung suchen, z.B. durch eine vertraute Person und / oder sich bei unserer Beratungsstelle melden.

Wichtige Hinweise im Fall einer Vergewaltigung / sexuellen Nötigung:

  • Beweise (z.B. getragene Kleidung) aufheben und nicht waschen!

Innerhalb von 24 Stunden sollten Sie sich medizinisch untersuchen lassen, unabhängig davon, ob Sie Anzeige erstatten werden oder nicht! Sich vor dem Arztbesuch möglichst nicht waschen, weil das Beweise vernichtet!

Dann gibt es die Pille danach. Die Pille danach verhindert, dass Sie schwanger werden.
Die Pille danach muss so schnell wie möglich genommen werden, spätestens 2 bis 3 Tage nach der Vergewaltigung, erhältlich auch ohne Rezept in der Apotheke.

  • Strafanzeige – Ja oder Nein?

Für die Anzeige spricht, dass Sie von Ihrem Recht Gebrauch machen, die Bestrafung des Täters einzufordern. Das kann Ihnen eventuell helfen, die Gewalttat besser zu verarbeiten.

Gegen die Anzeige spricht, dass die Vernehmungen durch Polizei und vor Gericht sehr belastend sein können.

Im Fall einer Anzeige

  • Fragen Sie eine vertraute Person nach Unterstützung, die Sie begleiten kann!!!
  • Das können sein: Eine Anwältin, eine Freundin, eine Mitarbeiterin der Brennessel
  • Melden Sie sich möglichst schnell nach der Tat bei der Polizei; damit erhöhen Sie die Chancen, dass der Täter gefasst werden kann.
  • Notieren Sie sich vor dem Gang zur Polizei Stichpunkte zum Tathergang!
  • Lesen Sie das Vernehmungsprotokoll genau durch. Lassen Sie sich nicht auf etwas festlegen, dessen Sie sich nicht ganz sicher sind.
  • Erstellen Sie nach der Vernehmung, wenn möglich, ein Gedächtnisprotokoll über Ihre Aussage. Anhand des Vernehmungsprotokolls befragt Sie der Richter vor Gericht.

Die Polizei übergibt nach den abgeschlossenen Ermittlungen den Fall an die Staatsanwaltschaft. Diese entscheidet dann darüber, ob Anklage erhoben wird oder nicht.

Im Fall eines Gerichtsprozesses

Spätestens zum Prozess sollten Sie eine Anwältin hinzuziehen. Ohne Anwältin sind Sie nur Zeugin und haben keinerlei Einfluss auf den Ablauf des Verfahrens.

Mit Anwältin hingegen haben Sie die Möglichkeit als Nebenklägerin aufzutreten. Das sichert Ihnen wichtige Rechte im Verfahren.

Die Anwältin kann für Sie:

  • Akteneinsicht vor dem Prozess verlangen
  • Fragen und Beweisanträge stellen
  • Pausen beantragen
  • unsachgemäße Fragen der Gegenseite zurückweisen
  • ein Plädoyer halten.

Sie als Nebenklägerin können aktiv am Prozess teilnehmen und  während der ganzen Verhandlung anwesend sein.

Für Angehörige

Die Reaktionen der Umwelt, der Angehörigen, FreundInnen und Bekannten, ist für Vergewaltigungsopfer von großer Bedeutung und für den Verarbeitungsprozess sehr wichtig.

Aber auch für das nahe Umfeld stellt die Vergewaltigung einer nahe stehenden Person eine Belastung dar und führt zu unterschiedlichen Reaktionen. Mitunter werden Betroffene mit Zweifeln, mit Ablehnung, Vorwürfen oder Schuldzuweisungen konfrontiert. Fragen wie: »Warum bist du denn mit ihm in die Wohnung gegangen?«, »Warum hast du dich nicht gewehrt?« vermitteln den Betroffenen, dass an ihrer Glaubwürdigkeit gezweifelt oder eine Mitschuld zugeschrieben wird.

Auch Bagatellisierungen wie »Vergiss‘ das einfach schnell.«, »Es ist schon nicht so schlimm gewesen.« sind nicht selten und resultieren aus einem eigenen Unbehagen angehöriger Personen bzw. ihrer Unfähigkeit und Ohnmacht, mit der Situation umzugehen.

Allerdings können verständnisvolle und einfühlsame Bezugspersonen zur zusätzlichen Belastung werden, wenn sie die Betroffene übermäßig mit ihren eigenen Gefühlen von Wut, Hilflosigkeit, Trauer, Ohnmacht oder Rachegefühlen konfrontieren. Die betroffenen  Frauen ziehen sich dann zurück, sprechen nicht mehr über die Vergewaltigung, um ihr Umfeld  zu schützen.

Die Gefühle naher Angehöriger von Vergewaltigungsopfern drücken sich mitunter auch in unüberlegten und übereilten Handlungen aus, z.B. einer Konfrontation des Täters oder einer Strafanzeige. Dies steht nicht immer im Interesse der betroffenen Frau oder des Mädchens.

 Ein unterstützender, hilfreicher Umgang mit Frauen nach einer Vergewaltigung beinhaltet v.a. folgendes Verhalten:

  • Ermutigung der Frau/ des Mädchens über das traumatische Erlebnis zu sprechen und gleichzeitiges Akzeptieren, wenn sie nicht darüber sprechen will oder kann.
  • verständnisvolles und unvoreingenommenes Zuhören ohne Zweifel, Bagatellisierungen, Ablehnungen, Vorurteile oder Vorwürfe
  • Die Verantwortung für die Tat liegt allein beim Täter.
  • Kein Überschütten mit den Emotionen von Bezugspersonen
  • Ohne das Einverständnis der Frau/ des Mädchens keine Schritte unternehmen. Insbesondere rechtliche Schritte sollten erst nach gründlicher Information und in Absprache mit ihr eingeleitet werden.
  • Gut gemeinte Ratschläge und Hilfsangebote können das Gefühl von Bevormundung hervorrufen. Frauen und Mädchen brauchen Bestärkung darin, ihren eigenen Entscheidungen, Bedürfnissen und Wünschen zu trauen. Jede Frau und jedes Mädchen kann die erlittene Gewalttat nur auf ihre Weise verarbeiten.
  • Sie können sich als Angehörige/r, Freund/in, Vertrauensperson oder Fachkraft  bei uns beraten lassen, wenn Sie merken, dass Sie mit dem Geschehen an die Grenzen dessen stoßen, was für Sie verständlich, nachvollziehbar oder zu bewältigen ist.